Der MANGOLD und die BETEN – Teil zwei. Alte Gemüsesorten und ihr wilder Vorfahr

Auf den Märkten in Frankreich, in Spanien, Portugal und wie auf unserer Italienreise – in Como, Italien – da gibt es ihn, den Mangold. Im Winter. Bei uns in Südbaden ist seine Saison von Frühjahr bis Herbst. Eigentlich. Bei mir in meinem geschützten Garten in Südbaden, konnte ich ihn bis zum Frost ernten.

In Frankreich wird er „blettes“ genannt, in Spanien nennen sie ihn „acelgas„, in Portugal ganz ähnlich „acelga„. In Kroatien und Istrien wird er als „blitva“ traditionell zusammen mit Kartoffeln zu fangfrischem Fisch und Scampi, Kaisergranaten gereicht. In Italien heißt er eigentlich „bietola„, doch wie ich jetzt in Como gelernt habe, wird er dort als „Coste“ (Rippchen) bezeichnet. Man meint damit wohl den Rippenmangold. Neben diesem gibt es noch Blattmangold. Unterschieden wird zwischen Stiel- oder Rippenmangold und Schnitt- oder Blattmangold. Es gibt ihn mit weißen, gelben, organgenen, roten bis hin zu violetten Stielen und Blattadern und die Form der Blätter reicht vom zart und glatt, über kräftig und fast schon ledrig bis hin zu gekräuselt.

Anfang Januar bei der Vorbereitung einer Kräuterwanderung im April, fand ich ihn im Römergarten in Lahr. Ein archäobotanischer Garten, in dem alte Gemüsesorten und Heilpflanzen der römischen Siedler eines „vicus“ in Lahr-Dinglingen angepflanzt und gepflegt werden. Frische Blätter ragten aus der mulchbedeckten Erde. Römischer Mangold, ein Wintergewächs?

Glücklicherweise sind nicht nur die Mangoldrezepte aus den Mittelmeerländern zu uns gelangt, sondern er ist auch ein wahrer Shooting Star im ‚urban gardening‘ geworden. In modernen Schrebergärten, auf Balkonen und Terrassengärten, in gut sortierten Gärtnereien, im Samenhandel und im Bioanbau, findet man ihn. In allen bunten Farben. Das liegt wohl auch daran, dass der Mangold relativ geringe Ansprüche stellt. Er braucht lange nicht so viel Wasser und Dünger wie der Spinat. Seine Blätter sind widerstandfähiger gegen Hitze – und auch gegen Kälte. Er kann sogar unter einer Schneedecke, oder gegen Frost bedeckt, im Freien überwintern.

Und es gibt ihn noch mit einer verdickten Knolle: hier dann Bete genannt. Seine botanische Schwester. Sie gibt es als Rote Bete, in geringelter Form als ‚Tonda di Chioggia‘ und als die eher noch nicht so bekannte Gelbe Bete. Letztere sind milder im Geschmack und nicht so erdig. Die Beten finden sich auch als „Des Mangold’s Wurzel“ im Album Benary, einem historischen Buch über alte Gemüsesorten, die heute fast ausgestorben sind. Im Laufe seines Lebens schuf der Gartenbauer Ernst Benary eine beeindruckende Sammlung von Illustrationen, die Gemüse, Früchte und Blumen aus seinem Anbau.

Eine interessantes Etwas fanden wir ebenfalls auf dem Markt in Norditalien, eine seltsam verbrannte Knolle, die wohl eine Delikatesse ist, weil sie fast ausverkauft war: „Barbietole forno“ genannt. Was sich nach Internetrecherche als im Ofen geröstete Rote Bete herausstellte. Das muss ich mal ausprobieren!

In der Küche

Mangold empfiehlt sich am besten frisch zu essen. In einem feuchten Tuch im Gemüsefach des Kühlschranks hält er sich einige Tage. Vor allem der feste Rippenmangold hält sich sehr lange. Die zarteren bunten Blätter des Blattmangolds sollten blanchert werden. So kann er auch eingefroren werden.

Zum Mangold gibt es mittlerweile unendlich viele leckere Rezepte. Gedünstet und geröstet zu Kartoffeln, zur Pasta oder einfach nur mit Olivenöl und Knoblauch. Ein schönes Rezept habe ich aus Como mitgebracht, Pizzoccheri mit Mangold. Ein köstliches bäuerliches Gericht, das ich nachgekocht habe. Darüber möchte ich nächstes Mal hier berichten.

Und dann habe ich vor, noch ganz viele Rezepte mit ihm auszuprobieren, denn schließlich ist er ja mein Namensvetter 😉

Und stark für die Leber soll er sein. Für die Augen, die Blutbildung und Knochengesundheit. Dazu unten mehr.

Botanisches

Manchmal wird der Mangold noch als Spinatgewächs bezeichnet, oder dass er zur Pflanzenfamilie der Meldengewächse (Chenopodiaceae) gehört wie der Spinat. Doch nach neuerer botanischer Einteilung gehört der Mangold, wie die Beten (manchmal auch Beete geschrieben) zur Pflanzenfamilie der Amaranthaceaen, der Fuchsschwanzgewächse (zu der jetzt auch die Chenopodiaceaen gehören, aber das ist botanische Erbsenzählerei…). Zu den Amaranthaceaen gehören auch die uns bekannten Rüben, wie die Futterrübe oder die Zuckerrübe. Ja, der Mangold ist eigentlich eine Rübe. Er bildet nur keine aus, stattdessen verzehrt man bei ihm seine Blätter und Stängel.

Der Rüben und damit auch des Mangolds wilder Verwandter ist der Amaranth. Die Samen sind vielleicht als Müslizusatz bekannt? Ihn gibt es als riesige rote Zuchtform aus Südamerika, bei uns ist er eher ein mittelgroßes, nicht ganz so beliebtes Wildkraut in Weinbergen und Äckern. Vor allem in milden Lagen kommt er vor. Er wird auch Fuchsschwanz (Amaranthus retroflexus) genannt. Zusammen mit anderen Wildkräutern wie Melde, Giersch, Brennnessel kann man einen leckeren Wildspinat aus ihm zaubern. Zu beachten ist lediglich, dass man die jungen zarten Blätter erntet und…hier in meinen Kräuterportraits habe ich mehr über den Amaranth geschrieben (klick auf den Link).

Der Mangold (Beta vulgaris subsp. vulgaris, Cicla-Gruppe und Flavescens-Gruppe), deutschschweizerisch auch Krautstiel genannt, ist eine Gemüsepflanze und gehört zu den Rüben, besser gesagt zu den Beten, auch wenn er keine rübenförmige Wurzel ausbildet. Doch so wurde er gezüchtet. Seit Jahrhunderten. Als Wurzelgemüse. Im ALBUM BENARY von 1876 findet sich sogar die Bezeichnung „Mangold Wurzels“ – für diese Rübenart, den Beten. Interessanterweise gehören zur Familie auch die Zuckerrübe, die Runkelrüben, die Futterrübe und die bekannte Rote Rübe, auch Rote Bete genannt. 

Aus der Wilde Rübe, dem See-Mangold (Beta vulgaris subsp. maritima), sollen sie schon vor Jahrtausenden heraus gezüchtet worden sein. Alte Kulturpflanzen. Sie gehören zur Unterfamilie der Betoideae in der Familie der Fuchsschwanzgewächse (Amaranthaceae). Die rote Farbe ist ein Ergebnis der Weiterveredelung im 19. und 20. Jahrhundert.

Auszug aus wikipedia: Die Wilde Rübe (Beta vulgaris subsp. maritima) ist eine Unterart der Pflanzenart Rübe (Beta vulgaris) in der Familie der Fuchsschwanzgewächse (Amaranthaceae). Sie wird auch Meer-RübeWild-BeteMeer-Mangold,[1] See-Mangold[2] oder Wilder Mangold genannt. Sie gilt als ursprüngliche Stammform der kultivierten Rübensorten wie ZuckerrübeFutterrübeRote Bete oder Mangold.

Geschichtliches

In Deutschland ist die Wilde Rübe extrem selten und ist Rote Liste Art.  Bis vor ein paar Jahren kam sie nur noch auf der Insel Helgoland vor! Inzwischen gibt es auch mehrere Fundorte an der deutschen Ostseeküste, zum Beispiel auf Fehmarn. In ihrer Dissertation hat Sarah Drießen gezeigt, dass es sich bei diesen Vorkommen tatsächlich um Wildrüben und nicht um verwilderte Kulturrüben handelt. An der deutschen Ostseeküste konnte sich die Wilde Rübe in den letzten Jahren weiter ausbreiten, aufgrund des milder werdenden Klimas.

Angebaut wird diese Wilde Rübe seit mehr als 4000 Jahren und sogar noch ältere Funde belegen, dass die Blätter der Wilden Rübe schon zu neolithischen Zeiten als Gemüse gegessen wurden. Die Kultivierung begann vermutlich schon im zweiten Jahrtausend vor Christus. Schriftliche Quellen aus Assyrien belegen, dass die Rübe („Silga“) bereits um 800 vor Chr. in den Hängenden Gärten von Babylon angepflanzt wurde. (Stephen Nottingham, Beetroot 2004).

Auch in der ‚Capitulare de villis‘ Karls des Großen war er erwähnt. Dabei handelt es sich um eine Liste, in der der Kaiser des 8. Jahrhunderts vorschrieb, was auf seinen Landgütern angebaut werden soll. Das Mittelalter und die Renaissance hat er überdauert, bis er dann in der heutigen Zeit fast in Vergessenheit geraten ist. Wie gesagt bei uns. Nicht in Italien.

Der eigentümliche Name Mangold geht nicht auf einen lateinischen Begriff oder auf eine Pflanzeneigenschaft zurück. Es könnte aber sein, dass seine Bezeichnung auf den althochdeutschen Männernamen Managolt (bedeutet Vielherrscher, Stärke, Kraft) zurückgeführt werden kann. Wegen seiner Größe und Stattlichkeit – der „Herrschende“ im Bauerngarten, mit seinen kräftigen und ausladenden Blättern, die bis zu einem halben Meter groß werden können.

Inhaltsstoffe

Die Pflanze enthält überdurchschnittlich viel Kalium, das wirkt anregend auf das Verdauungssystem, und zwar über die Nieren. Dazu Magnesium, Calcium und vor allem Eisen. Sehr viel Vitamin K ist in ihm enthalten und außerdem die Vitamine A, B und Vitamin E (Tocopherol). Mit der Vorstufe von Vitam A, dem Betacarotin wirkt er förderlich auf die Sehkraft und auf die Haut und Schleimhäute. Auch als hervorragende Vitamin C Quelle dient er, und ist damit gut für das Immunsystem. Auch wenn sie geschmacklich nicht auffällig sind, er enthält viele gesunde Bitterstoffe, die ebenfalls förderlich für das Verdauungssystem sind. Die Bitterstoffe regen die Bildung von Gallen- und Verdauungssäften an und damit den Leberstoffwechsel an. Dadurch wird die Fettverdauung gefördert. Eisen, Vitamin B6 und Folsäure spielen eine wichtige Rolle bei der Blutbildung, die ja auch der Roten Bete nachgesagt wird. Vitamin K ist außerdem noch gut für die Knochenbildung, denn es sorgt dafür, dass genügend Calcium zur Verfügung gestellt wird. Damit wird auch einer Osteoporose, dem Knochenschwund vorgebeugt.

Ursel Bühring schreibt „Auch während der Zeit der Rekonvaleszenz, nach einer längeren Erkrankung, sollte Mangold nicht auf Ihrem Speiseplan fehlen. Denn die Bitterstoffe und die Kombination aus Vitaminen und Pflanzenfarbstoffen geben dem Körper Kraft und füllen den Nährstoffspeicher wieder auf. Wie die Rote Bete auch enthält Mangold den Pflanzenfarbstoff Betain, der antioxidative und entzündungshemmende Eigenschaften hat.“ Mehr dazu bei: Ursel Bührung, Heilkraft von Obst und Gemüse, Ulmer Verlag.

Dazu enthält Mangold ähnlich wie im Spinat Oxalsäure und Nitrat. Ursel Bühring gibt dazu einen Tipp für Hobbygärtner:innen: „Bio-Anbau und Ernte bei Sonnenschein sorgen für einen niedrigeren Nitratgehalt.“ Wegen der Oxalsäure sollten Nierenkranke aufpassen, da sie Mineralstoffe bindet und sich schwer lösliche Kristalle bilden können, die sich ablagern und zu Nierensteinen führen können.

Interessant ist auch, dass die Mangoldwurzel viel Zucker enthält, der in früheren Zeiten durch Auskochen gewonnen wurde. Später löste die Zuckergewinnung aus der nahe verwandten Zuckerrübe dieses Verfahren ab.

Lest auch hier – Der MANGOLD und die BETEN – Teil eins. ROTE BETE und GELBE BETE

2 Antworten auf “Der MANGOLD und die BETEN – Teil zwei. Alte Gemüsesorten und ihr wilder Vorfahr”

  1. Guten Abend!
    Das ist ein wirklich sehr spannender Beitrag. Vielen Dank dafür!

    Ich muss gestehen, dass der Mangold seit vielen Jahren in unserem Garten wächst. Er sieht wunderschön aus. Geschmacklich hab ich noch nicht den richtigen Dreh mit ihm gefunden. Er holt mich irgendwie nicht ab. Daher bin ich sehr gespannt, auf Deine getesteten Rezepte und Deine Meinung.

    Herzlichst,
    Barbara

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    1. Hallo Barbara, das freut mich, dass du es spannend findest. Ich kann ja von Mangold (-forschung) nicht genug bekommen. Bisher fand ich ihn immer sehr lecker wegen seiner Konsistenz auch. Geröstet ist er toll und am besten auch immer Knoblauch oder ein wenig Chili dazu geben. Das nächste Rezept habe ich schon vorbereitet, es folgt dann bald hier.
      Liebe Grüße Ute

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