PORRUM – der LAUCH und die RÖMER

Die Zeit des Lauchs, ist jetzt! Es ist Anfang November und laut Saisonkalender ist seine Hochsaison von September bis März. Der Lauch ist ein wahrer Superhero. Warum? Wenn man im Garten sieht, wie er aus einem kleinen schnittlauchartigen Steckling zu einer stattlichen Form heranwachsen kann. Bewundernswert. Und auch wegen seiner gesunden Inhaltsstoffe, die schon die Römer zu schätzen wussten. Bei ihnen hieß er porrum, wovon sich die Bezeichnung Porree (Allium porrum) ableitet. Lauch und Porree sind ein und dasselbe Gemüse.  Er ist ein richtiges ‚Wintergemüse‘, denn er kann gut überwintert werden. Um die Blätter zu schonen, schlagen viele Gärtner ihn über den Winter ein. Zum Beispiel in eine Erdmiete oder in Sand im Keller.

Sommerlauch solltest du spätestens vor dem ersten Frost ernten, da er nicht winterhart ist. Winterlauch kannst du entweder im Beet überwintern oder samt Wurzeln ausgraben und in einem Frühbeet oder einer frostfreien Kiste einschlagen. Ernten kannst du ihn von September bis März“, schreiben die Beetfreunde.

Von Mesopotamien über Ägypten, Rom bis hin zu Karl dem Großen – geschätzt und kultiviert

Die Zeit des Lauchs begann aber schon um 2100 v. Chr.. Der sumerische Herrscher Urnammu ließ ihn in den Gärten der Stadt Ur anbauen. Auch im alten Ägypten war Lauch in Verwendung. Nach Herodot soll er den Arbeitern, die die Pyramiden erbauten, als Nahrung gedient haben. Bei den alten Ägyptern hieß er Kurrat. Danach war Lauch in der Antike im gesamten Mittelmeergebiet geschätzt.

Auch die Römer waren große porrum und „allium“ Liebhaber. Allium steht für Knoblauch, den sie als Heilpflanze und zur Abwehr von Unheil verehrten. Nach Knoblauch zu riechen, galt als urrömisch. Dazu liebten sie „bulbus„, womit Zwiebeln gemeint sind und „porrum„, also Porree – den Lauch. Kaiser Nero wurde sogar Porrophagus genannt, was übersetzt „Lauchfresser“ bedeutet. Die Römer erkannten schon die wundervollen Eigenschaften der Zwiebelgewächse – gut bei Erkältungen, für die Knochen, das Blut, gegen die Alterung und womöglich auch noch für die Liebesfähigkeit. (siehe auch: Die Kulturgeschichte der Heilpflanzen – die Antike).

Zu uns kam er wohl schon mit den Römern, sicher aber in der Zeit Karls des Großen, dessen Reich von Italien über Frankreich bis zum heutigen Deutschland reichte. In seiner ‚Capitulare de villis‘, seiner Landgüterverordnung für seine Pfalzen, sind über 73 Pflanzen (und Heilkräuter) plus Obstbäume beschrieben und wie sie angepflanzt werden sollen. Sofern es die klimatischen Bedingungen zuließen. Darunter neben Bärlauch und Zwiebeln auch porrum, der Lauch. Die Verwalter seiner Krongüter bekamen genaueste Anweisungen, wie die Gemüse und Kräuter angebaut werden müssen, zum Wohlgefallen des Kaisers. Klöster und Klostergärten waren die Hüter der (Pflanzen-)schätze aus der Antike. https://de.wikipedia.org/wiki/Capitulare_de_villis

Feldversuch mit Lauch in Mischkultur an der Staatlichen Gartenbauschule Hohenheim. Foto (c) Ute Mangold

Porrum – oder wie haben die Römer gekocht?

Wie wohl die Römer gekocht haben? Gab es dort auch schon „Cremiges Porreegemüse“? Sahnige Lauchcremesuppe oder Lauch mit Käse überbacken? Womit ich mich frage, ob Milchprodukte, also wie hier Sahne oder Schmand, bei den Römern schon bekannt war? Ich lese:

„Milch galt gar bei den Römern den Barbaren zugeschrieben und sie sahen im Genuss von Wasser und Wein kulturellen Fortschritt. Milch wurde von den Römern also im Nahrungsmittelgenuss äußerst selten pur getrunken, eher verwendete man sie in der römischen Küche als Zutat für das Kochen und Backen.“ www.der-roemer-shop.de

Der römische Schlemmer und Kochbuchschreiber Apicius beschreibt zwei Rezepte mit Lauch:  Lauch auf römische Art - Porros maturos „Reifer Lauch wird so zubereitet: Mische Wasser und Öl mit einer Handvoll Salz und koche ihn darin. Wenn er gar ist, nimm ihn heraus und serviere ihn mit Öl, liquamen* und unvermischtem Wein.“ Variante - Aliter porros „Koche ihn wie oben, aber bedeckt mit Kohlblättern und in Pflaumen und trage ihn auf.“ (Aus der Rezeptsammlung des römischen Gourmand Marcus Gavius Apicius, dessen Rezepte von Hans-Peter von Peschke und Werner Feldmann auf die heutige Küche umgesetzt wurden.) *)Liquamen ist übrigens eine römische Art Fischsauce, ähnlich dem vietnamesischen „Nuoc mam“ „Red Boat“ oder „Oystersauce“ nur ohne Soja.

Urrömisch ist mein Rezept also nicht, denn ich habe die Sauce mit Schmand angereichert und es gibt ihn zusammen mit einem Saibling aus einer Forellenzucht in der Oberrheinebene hier bei uns. Lauch mit frischem Fisch kann ich mir allerdings auch in der römischen Küche gut vorstellen.

Frischer Saibling mit Zitrone,
Melange Noir und cremigem Lauch Gemüse

4 Saiblingfilets à ca. 200 g
500 g Lauch
1 Glas Weißwein (hier Auxerrois)
1 Becher Schmand
1 Zitrone (unbehandelt)
2 EL Olivenöl
1 EL Butter
1 El Gemüsebrühe
Salz, Pfeffer (hier Mélange Noir)

Lauch in Ringe schneiden. Die Zitrone waschen und in dünne Ringe schneiden. Lauch in einer Pfanne mit etwas Öl kurz anbraten. Mit dem Wein ablöschen. Den Schmand zugeben und Lauch bei kleiner Hitze bissfest dünsten.

Die Saibling Filets je nach Größe quer in 3–4 Stücke schneiden. Mit Salz und Pfeffer würzen. Auf der Hautseite in Butter ca. 1 Minute knusprig braten. Filets wenden und bei kleiner Hitze fertig braten.

Die Saibling Filets auf dem Lauchgemüse anrichten und mit dem Mélange Noir würzen. Auf jedes Filet eine Zitronenscheibe geben und servieren.

Dazu passen Kartoffeln oder Reis.

Kulturgeschichte und Botanik

Zurück zur Geschichte. Schreibe ich doch gerade an der Geschichte der Kulturgemüse „Alte Gemüsesorten und ihre wilden Verwandten“. Von Blütengemüse, über Frucht-, Blatt-, zu Wurzelgemüse. Von A-Z. Das erste Gemüse, eine schöne Blüte, die ARTISCHOCKE habe ich schon beschrieben und nun kommen die ALLIUM Gewächse dran. Der BÄRLAUCH war im Frühling ein Thema und jetzt folgt der LAUCH, weil im Winter seine Saison ist. Bärlauch, Schnittlauch, Knoblauch, Zwiebeln, Porree – kann man über das ganze Jahr verteilt ernten.

Der Name Lauch kommt von den alten Germanen

Während Kohl im Mittelalter als wertlos galt, wurde der Porree weit mehr wertgeschätzt. Wie so viele Gemüsearten brachten ihn wahrscheinlich die Römer mit, an dem Rhein entlang bis in den Norden. Sicher ist, dass er im frühen Mittelalter hier auftauchte, da er in der schon erwähnten Capitulare Karls des Großen aufgeführt wurde und zu den frühesten Gemüsearten in den kaiserlichen Klostergärten zählte.

Der Name „Lauch“ stammt wohl von lallkr, lock oder leac ab – ein Ausdruck für alles, was im zeitigen Frühjahr grün und aromatisch aus der Erde wuchs. Die alten Germanen glaubten, dass die grünen Sprösslinge ein Geschenk der Göttin Freya waren, die damit die eingefrorenen Lebensgeister der Menschen nach den langen kalten Wintern wieder erwecken wollte. Für den Lauch gab es sogar eine spezielle Rune, die in Türpfosten, Vorratsschränke und Wäschetruhen eingeritzt wurde, um sich Gesundheit und Wohlstand zu sichern. Ja, und Lauchstückchen wie Knoblauchzehen wurden sogar in der Hosentasche als Talisman getragen. Das erinnert irgendwie ein bisschen an den Schutz vor Vampiren…

Botanisches

Lauch als Wildpflanze gibt es so nicht. Er ist also eine Kulturpflanze, der schon vor tausenden von Jahren kultiviert und nachweislich bei den Ägyptern gepflegt und gezüchtet wurde, wie Pflanzenfunde in Gräbern zeigen. Laut den Botanikern ist sein nächster Verwandter (und vielleicht auch die Urform) der wilde Sommerlauch (Allium ampeloprasum L.). Wilder Lauch wie der Weinberg-Lauch (Allium vineale) und Bärlauch (Allium ursinum) gehören ebenso zur engeren botanischen Verwandtschaft.

Übrigens ist Allium ampeloprasum uns als besonders kleine zarte Perlzwiebeln bekannt (nicht zu verwechseln mit Silberzwiebeln, die in ‚mixed pickles‘ verarbeitet werden).

Da ich wikipedia schätze und fördere, zitiere ich gerne auch aus ihrem botanischen Wissenschatz: Lauch (Allium ampeloprasum Lauch-Gruppe, Synonym: Allium porrum), auch Porree (von gleichbedeutend lateinisch porrum Breitlauch, Winterlauch, WelschzwiebelGemeiner LauchSpanischer LauchFleischlauch genannt, ist eine Sortengruppe des aus dem Mittelmeerraum stammenden Ackerlauchs (Allium ampeloprasum).[1] Dieses Gemüse zählt zur Gattung Allium in der Unterfamilie der Lauchgewächse (Allioideae).

Brodo mit Suppengemüse und Gewürzen (c) Ute Mangold.
Leicht variiert nach dem Rezept von Cettina Vicenzino „Cucina Vegetariana“

In Küche & Hausapotheke

Lauch wird sowohl als Gemüse (meist Winterlauch) als auch frisch und roh als Gewürz genutzt (meist Sommerlauch oder Lauchzwiebeln). Auch im Salat kann man Lauch essen. Er ist ein wichtiger Bestandteil des sogenannten „Suppengrün“, zusammen mit Karotten, Sellerie und Petersilie. Weitere Verwendung findet er auch auf Flammkuchen oder in der nordhessischen Spezialität Speckkuchen oder als Lauchtorte in kalter und heißer Ausführung.

Inhaltsstoffe

Lauch ist vor allem reich an Vitaminen, Mineralstoffen und Spurenelementen. Er enthält unter anderem Vitamin C, Vitamin K und Folsäure. Dazu die Mineralstoffe Kalium und die Spurenelemente Eisen und Mangan. Auch Calcium, Magnesium und Phospor sind im Lauch enthalten. Für den für Zwiebelgewächse charakteristischen würzigen Geschmack sorgen Schwefelverbindungen, die sogenannten Alliine, die beim Zerkleinern im Kontakt mit Luft zu Allicin umgewandelt werden. Hier das Propanthial-S-oxid, das aus Isoalliin und dem katalysierenden Enzym Alliinase entsteht. Das Sulfoxid Cycloalliin kommt ebenfalls in diversen Laucharten vor. Dazu enthält Lauch auch noch einen hohen Anteil an Betacarotin, sowie die Flavonoide Quercetin und den Ballast- und Zuckeraustauschstoff Inulin. Lauch kann bei der Verdauung – ähnlich wie Zwiebeln – zu Blähungen führen.

Osteoporose vorbeugen

Ursel Bühring, die Heilpflanzenexpertin, beschreibt den Lauch auch als vorbeugend bei Osteoporose, wo es vor allem bei älteren Menschen zum Abbau der Knochenmasse kommt, was schließlich zu Knochenbrüchen führen kann. Hormonell bedingt vorwiegend bei Frauen. Sie empfiehlt vor allem Frauen in den Wechseljahren mit der Nahrung die entsprechenden Bausteine für die Knochengesundheit aufzunehmen. Lauch enthält viel Calcium und Phosphor, welche für den Knochenbau wichtig sind. Dazu noch Vitamin K, das neben seiner Beteiligung an der Blutgerinnung auch eine wichtige Funktion im Aufbau von Knochenproteinen hat. Und ist somit ein wichtiger Baustein in der Ernährung nach den Wechseljahren.

Quellen, Literatur & Links

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